Geschichte des Bergdorfes Todtnauberg
Todtnauberg, ein im südlichen Hochschwarzwald, in einem stillen, sonnigen, von Wäldern umgebenen, nur nach Süden offenen, von einem Eiszeitgletscher geformten Hochtal an der Südwestflanke des Stübenwasen gelegenes Bergdorf, wurde vor etwa 750 Jahren als Bergwerkssiedlung gegründet. Schon am Ortseingang stehen die schmucken Häuser 1020 m über dem Meer; sie erstrecken sich an den Hängen beider Talseiten bis in die Höhe von 1156 m und bilden die Ortsteile Dorf, Löffelhäuser, Rütte, Ennerbach, Hangloch, Hörn, Büreten und Hintermatt. Der Ort zählt heute etwa 900 Einwohner und beherbergt in der Winter- wie Sommersaison an die 1700 Gäste. 1966 konnte die Gemeinde die geschichtliche Gegebenheit ihres 700jährigen Bestehens mit einem großen Heimatfestfeiern. Zur Erinnerung an die Gründer der Bergwerkssiedlung Todtnauberg wurde beim ehemaligen Bergwerkseingang „Herrihof" ein Brunnendenkmal enthüllt, das einen Bergknappen mit Pickel und Lampe zeigt. In der Mitte des 13. Jahrhunderts ließ der Silberbergbau hier ein Bergarbeiterdorf entstehen. Spuren einer ersten Besiedlung lassen sich aberschon in viel früherer Zeit nachweisen. Die Geschichte Todtnaubergs hängt eng mit der Geschichte der Stadt Todtnau,
der Abtei St. Blasien und der Stadt Freiburg im Breisgau zusammen. In den ältesten Quellen heißt es nur Todtnau auf dem Berg" oder vom Todtnauer Berg" im Gegensatz zum Ort „im Tal", so wird auch in der sogenannten Kaiserurkunde aus dem Jahre 1025 Todtnau erstmals unter der Bezeichnung Totenouwa" erwähnt. Als um 1150 unter der Oberhoheit der Herzöge von Zähringen der Silberberg-
bau im Todtnauer Revier intensiviert wurde, begann Todtnauberg im Bergbau eine bedeutende Rolle zu spielen und die Niederlassung einer großen Bergarbeitergemeinde zu werden. In einer Urkunde des Klosters St. Biasien wird um 1283 mit „Konrad, Vogt auf dem Berge" der erste namentlich erwähnte älteste Todtnauberger Bürger genannt, was die Vermutung zuläßt, daß Todtnauberg als Ansiedlung damals
schon Bestand hatte. Aus den alten Chroniken läßt sich ein für die damalige Zeit außerordentlich reges Leben auf dem Todtnauer Berg rekonstruieren: Bergarbeiter, Hutleute, Bergmeister, Bergschreiber, Köhler u.a. und die dazugehörigen Werkstätten, Geschäfte, Schenken. Der Kohlplatz in der Rütte (- gerodeter Platz) und die aus dem Mittelalter übriggebliebenen, noch heute sichtbaren Schutthalden beim Herrihof (= Herrenhof), am Schlipf (= Schlupf, ausschlupfen) und am Radschert
(= Rad-Schacht) sowie einige verfallene Stollen künden noch heute aus dieser Zeit. Der damals längste Stollen zog sich von der Hintermatt über 900 m lang durch den Hornberg hinab bis zum Schindelbächle.
Aus dem in Todtnauberg gewonnenen Silber wurden Geldmünzen geprägt und Barren auf dem sogenannten Schmelzplatz geformt, die dann Saumpferde über den Katzensteig, St. Wilhelm und über den Notschrei nach Freiburg, dem Sitz der vorderösterreichischen Regierung transportierten. Im Freiburger Münster erinnert noch heute ein kunstvolles mittelalterliches Glasfenster an seine Spender: die reiche Bergwerksgesellschaft „Zum Gauch" in Todtnauberg.
Als seit 1550 große Mengen Silber aus Amerika nach Europa gebracht wurden und bereits zuvor in Ungarn Silber im Tageabbau gewonnen werden konnte, der Abbau der Erze im Schwarzwald hingegen immer schwieriger und kostspieliger wird, wurden bald viele Gruben unwirtschaftlich. Ende des 16. Jahrhunderts hörte der Bergbau in Todtnauberg auf, und die Mehrzahl der Bergarbeiter verließ den Ort. Es begann eine lange Zeit des Niedergangs und der Stagnation. Die Bevölkerungszahl fiel rapide. Damals lebten in Todtnauberg noch ca. 10 Familien mit etwa 50-60 Personen. Bis dahin lebte die Gemeinde von einer äußerst dürftigen Höhenlandwirtschaft. Erst mit Beginn des 19. Jahrhunderts kam ein wirtschaftlicher Aufschwung. 1834 erreichte die Einwohnerzahl ihren bis heute absoluten Höchststand mit 995 Einwohnern.
Der Wald gestattete noch ertragreichen Holzhandel. Im 18. Jahrhundert versuchten einige Todtnauberger durch Salpetergewinnung einen Verdienst zu erlangen. Zur selben Zeit kam auch die Hausweberei in Blüte, wovon noch heute im Dorf der Name „Webergäßle" zeugt. Auch versuchte man die Strohflechterei und das Schnefelhandwerk (der Ortsteil Löffelhäuser verdankt ihm seinen Namen) einzuführen. Doch erst die Bürstenmacherei - um 1800 begonnen - bot endlich jahrzehntelang sicheres Einkommen.
Ende des 19. Jahrhunderts war Todtnauberg das größte Bürstenhausierhändlerdorf Badens. Todtnauberger Hausierer kamen vor allem in die Schweiz und nach Frankreich, aber auch bis nach Köln und Frankfurt am Main. Inzwischen ist der ehemals bekannte Ruf der Todtnauberger Bürstenhändler „Chauft's Bürschten" verklungen. Nach dem ersten Weltkrieg machte die Industriealisierung der Bürstenherstellung dem einst blühenden Gewerbe vor allem in Todtnau ein Ende, in Todtnauberg kam das Bürstengewerbe nach Ende des zweiten Weltkrieges zum Erliegen. 1958 wurde die symbolische Figur eines Bürstenhändlers auf dem Dorfbrunnen aufgestellt zu dankbarer Erinnerung an den Wohlstand, den die Bürstenherstellung und der Handel nach Jahrhunderten des Niedergangs wieder in die Gemeinde brachten.
1806 kam Todtnauberg an das Großherzogtum Baden, nachdem es über 450 Jahre lang zu Vorderösterreich gehörte.1816 wurden die beiden bis dahin selbständigen Ortsgemeinden „Dorf" und „Rütte" (mit „Ennerbach") zu einer politischen Gemeinde vereinigt, doch erst 1914 konnten auch die Gemarkungen zusammengelegt werden. Bis zu diesem Jahre amtierte im Ortsteil „Rütte" ein Stabhalter als Vertreter des Todtnauberger Bürgermeisters.
Eine schwere Brandkatastrophe vernichtete in der Nacht vom 21. auf den 22. Juli 1886 insgesamt 13 Häuser und machte 26 Familien mit 109 Personen obdachlos.
Als um 1850 der Feldberg als höchster Aussichtspunkt im Schwarzwald zunehmend von Touristen besucht wurde, kamen viele auf dem Weg dorthin über Todtnauberg. Einige mieteten sich im Gasthaus „Zum Sternen" ein und fanden in dem sonnigen Hochtal Erholung. Die Anfänge des Fremdenverkehrs reichen bis in das Jahr1869 zurück. Für die in den nächsten Jahren immer zahlreicher ankommenden, „Sommerfrischler" genannten Kurgäste wurde bald das zweite Gasthaus „Engel" gebaut.
Erstmals als Kurort erwähnt wurde Todtnauberg am 19. Juli 1872 anlässlich einer Ortsbereisung des Bezirksamtmannes, der feststellte: „Als klimatischer Kurort hat das Dorf vielleicht eine gewisse Zukunft". Eine Prognose, die sich in der Tat bestätigen sollte. Schon 1900 konnte der Ort 12000 Gästeübernachtungen melden, eine enorme Zahl für die damalige Zeit und für ein so kleines Dorf. Der eigentliche Aufschwung zum Fremdenverkehrsort begann dann nach dem zweiten Weltkrieg, vor allem mit dem alles organisierenden TOUROPA Reiseunternehmen. 1971 erhielt Todtnauberg vom Land Baden-Württemberg das Prädikat „Staatlich anerkannter Höhenluftkurort" verliehen. Heute bildet der Fremdenverkehr die Basis der Todtnauberger Wirtschaft mit rund 180000 Übernachtungen im Jahr bei Winter- wie Sommersaison, wobei das Bergdorf besonders als Wintersportort zunehmende Bedeutung in den letzten Jahren erlangte. Die Viehzucht und Höhenlandwirtschaft nimmt als Nebenerwerbsquelle hingegen fortschreitend ab.
1967-70 erhielt Todtnauberg eine neue, dem HI. Jakobus geweihte Pfarrkirche, 1972-74 wurde ein modernes Kurhaus gebaut. 1974 wurde Todtnauberg schließlich zur Stadt Todtnau eingemeindet. Rudolf Schubnell war der letzte selbständige Bürgermeister in Todtnauberg. Ihm ist es zu verdanken, dass sich die ehemalige Bergarbeitersiedlung zu einer führenden Kurgemeinde im Hochschwarzwald entwickelt hat. Die Belange der Ortschaft werden heute von Ortsvorsteher Arthur Strohmenger und den Todtnauberger Stadträten im Stadtrat von Todtnau vertreten.
Das Kulturleben in Todtnauberg ist weitgehend von seinen zehn aktiven Vereinen bestimmt. Der Skiklub Todtnauberg von 1906 gehört zu den ältesten Deutschlands und feiert im kommenden Wintersein 85jähriges Bestehen. Eng verknüpft mit dem Skiklub ist die Bergwacht und die 40jährige Skischule Todtnauberg. Über 100 Jahre alt ist der Cäzilienverein mit seinem Kirchenchor, der seit einigen Jahren unter Alfred Kaiser beachtliche musikalische Leistungen bietet. Traditionsreich ist ebenfalls die Todtnauberger Freiwillige Feuerwehr, die im Jahr 2000 ihr 100jähriges Jubiläum beging. Der Fremdenverkehr, von dem heute der größte Teil der Gemeinde lebt, ist ohne die Todtnauberger Vereine undenkbar, hier ragen besonders die Trachtenkapelle und die Trachtengruppe mit ihren vielfältigen Brauchtumsdarbietungen hervor. Auch der Männerchor wirkt bei vielen kulturellen Anlässen mit. Die 1975 gegründete Todtnauberger „Beeriwieber-Narrenzunft" mit ihrem originellen holzgeschnitzten Masken und übergroßen Raffeln stellt eine weitere Belebung des alemannischen Fasnetbrauchtums dar.
Der weltweit bekannte Philosoph Professor Dr. Martin Heidegger, der vor über 85 Jahren in Todtnauberg ein Refugium gefunden hat, unsere Heimatdichterin Rosa Schneider wie auch der Heimatforscher Karl Schneider haben in den vergangenen Jahrzehnten vielfach dazu beigetragen, Todtnauberg auch in der Literatur festzuhalten.
Todtnauberg ist heute der höchstgelegene Schwarzwaldkurort und ein Wintersportplatz, der weit über die Grenzen unserer Heimat bekannt geworden ist. Manch seltene botanische Kostbarkeiten locken den kundigen Wanderer hierher. Wenn im farbenprächtigen Herbst unten die Täler in nasskalte Nebel gehüllt sind und droben in Todtnauberg strahlender Sonnenschein herrscht, dann ist's hier am schönsten, dann genießen viele Gäste das großartige Alpenpanorama, welches sich an heiteren Tagen dem Auge bietet.